Die WCAG Regeln und ihre Vorgaben

Die WCAG oder Web Content Accessibility Guidelines sind das zentrale internationale Regelwerk für digitale Barrierefreiheit. Sie geben vier Prinzipien und 12 Richtlinien für die Gestaltung von Websites und mobile Anwendungen ohne Barrieren für Menschen mit Einschränkungen vor. Die Erfüllung der Anzahl der 78 Erfolgskriterien entscheidet darüber, welche der drei WCAG Konformitätsstufen (A, AA oder AAA) die jeweilige Website erreicht.

Mit der EU-Web-Accessibility-Richtlinie wurde allen EU Mitgliedstaaten vorgeschrieben, die Anwendung der WCAG in nationalen Gesetzen zu regeln. In Österreich bezieht sich das wichtigste bundesweite Gesetz zur digitalen Barrierefreiheit, das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) sowie alle spezifischen Landesgesetze auf die aktuell gültige Fassung der WCAG.

Wer erstellt die WCAG?

Das World Wide Web Consortium (kurz W3C) ist das Gremium zur Standardisierung der Techniken im World Wide Web. Es besteht seit 1994. Aufgabe des W3C ist es Konsens über technische Fragen bezüglich des Internets herzustellen. Das W3C ist für Standards wie HTML, XHTML oder CSS verantwortlich hat auch die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) erstellt.

Die Entwicklung der WCAG von 1.0 bis 3.0

Die erste Version der WCAG wurde im Mai 1999 vom W3C als WCAG 1.0 veröffentlicht.

Neun Jahre später, 2008 wurde die WCAG 2.0 veröffentlicht. In der Version 1.0 wurde die Umsetzung von Webinhalten in HTML und CSS als wichtigste Standards beschrieben. Die Version 2.0 hat bereits einen allgemeineren Ansatz, wie Layouts und Interaktion gestaltet sein sollen.

Im Juni 2018 wurde die WCAG 2.1 als Erweiterung der WCAG 2.0 veröffentlicht. Im Gegensatz zum großen Versionssprung von Version 1.0 zu 2.0 wurde damit die Version 2.0 um neue Gerätearten (Tablets, Mobilgeräte) und neue Technologien erweitert.
Die Version 2.1 baut auf der Version 2.0 auf und erweitert sie um einige neue Anforderungen (z.B. dem Drehen von Eingabegeräten). Derzeit wird ab der WCAG 2.2 und langfristig an einer neuen WCAG 3.0 gearbeitet. Bis die WCAG 3.0 fertiggestellt ist können Version 2.0 und 2.1 parallel angewendet werden.

Grundsätze der Barrierefreiheit: So ist die WCAG aufgebaut

Die Regeln derzeit gültigen WCAG 2.1 sind pyramidenartig aufgebaut. Wesentliche Bestandteile sind:

  • 4 Prinzipien (Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit, Robustheit)
  • 13 Richtlinien
  • 78 Erfolgskriterien

Die Art und Anzahl der erfüllten Erfolgskriterien entscheidet über die Konformitätsstufe (A, AA oder AAA), den die jeweilige Website erreicht.

Die Prinzipien der WCAG im Detail

Informationen und Bestandteile der Benutzerschnittstelle müssen den Benutzern so präsentiert werden, dass diese sie wahrnehmen können. — Prinzip 1: Wahrnehmbar

  • Bereitstellung von Textalternativen für alle Nicht-Text-Inhalte, so dass diese in andere vom Benutzer benötigte Formen geändert werden können, wie zum Beispiel Großschrift, Braille, Symbole oder einfachere Sprache.
  • Alternativen für zeitbasierte Medien
  • Inhalte sollen auf verschiedene Arten dargestellt werden können (zum Beispiel mit einfacherem Layout), ohne dass Informationen oder Strukturen verloren gehen
  • Dem Benutzer soll es leicht gemacht werden, Inhalte zu sehen und zu hören, einschließlich der Trennung zwischen Vordergrund und Hintergrund

Bestandteile der Benutzerschnittstelle und Navigation müssen bedienbar sein. — Prinzip 2: Bedienbar

  • Alle Funktionalitäten müssen mit der Tastatur verfügbar sein
  • Benutzern haben ausreichend Zeit, Inhalte zu lesen und zu benutzen.
  • Gestaltung von Inhalten nicht auf Arten, von denen bekannt ist, dass sie zu Anfällen führen.
  • Bereitstellung von Mittel, um Benutzer dabei zu unterstützen zu navigieren, Inhalte zu finden und zu bestimmen, wo sie sich befinden.

Informationen und Bedienung der Benutzerschnittstelle müssen verständlich sein. — Prinzip 3: Verständlich

  • Textinhalte sind lesbar und verständlich.
  • Das Aussehen und die Funktion von Webseiten ist vorhersehbar.
  • Benutzern werden dabei unterstützt, Fehler zu vermeiden und zu korrigieren.

Inhalte müssen robust genug sein, damit sie zuverlässig von einer großen Auswahl an Benutzeragenten einschließlich assistierender Techniken interpretiert werden können. — Prinzip 4: Robust

  • Die Kompatibilität mit aktuellen und zukünftigen Benutzeragenten, einschließlich assistierender Techniken wird berücksichtigt.

A, AA, AAA: Die Levels der WCAG

Die WCAG-Richtlinien definieren drei Konformitätsstufen. Diese sind die Levels A, AA und AAA. Die drei Stufen bauen aufeinander auf. Stufte A bildet mit 25 zu erfüllenden Kriterien die Basis. Für Level AA sind zusätzlich zu den Kriterien der Stufe davor weiter 13 Kriterien zu erfüllen. Optimale digitale Barrierefreiheit erreicht eine Website bei Stufe AAA, die weitere 23 Kriterien vorschreibt. Alle Erfolgskriterien sind als testbare Anweisungen formuliert, auf Basis derer die Barrierefreiheit überprüft werden kann.

Die Anforderungen von Level AAA sind sehr umfassend. Nur wenige Seiten können Sie erfüllen. Um einen Kompromiss zwischen optimaler Barrierefreiheit und umsetzbaren Anforderungen zu schaffen, wurde Level AA gesetzlich verankert. Damit wird Barrierefreiheit für viele bei einem machbaren Aufwand erreicht.

Übersicht über die WCAG Regeln

Die WCAG 1.0 hatte noch einen anderen Aufbau.
VersionPrinzipienRichtlinienErfolgskriterienFür Level AFür AAFür AAA
1.0
2.041261253861
2.141378305078

Andere Normen für digitale Barrierefreiheit

International kommen auch andere Normen für digitale Barrierefreiheit zum Einsatz. In den USA ist die rechtliche Basis der ADA (Americans with Disabilities Act) und die Section 508 des “Rehabilitation Act of 1973"). Diese regelt, dass öffentlich Angestellte mit Einschränkungen denselben Zugang zu Informationen haben wie alle anderen.

Die technischen Anforderungen für Websites wurden im Januar 2017 aktualisiert. Die WCAG 2.0 auf Stufe AA gelten dabei als Referenz.

Zusammenfassung: Die WCAG ist der gängige Standard für digitale Barrierefreiheit.

  1. Die WCAG Regeln legen Anforderungen an Websites fest, damit diese barrierefrei sind.
  2. Die WCAG besteht aus 4 Prinzipien, 13 Richtlinien und 78 Erfolgskriterien.
  3. Die WAI, die die WCAG erstellt, beschreibt zu jedem Erfolgskriterium die Anforderungen und gibt Beispiele, wie die Umsetzung erfolgen kann.
  4. Je nach Art und Anzahl der erfüllten Erfolgskriterien, werden Seiten auf den drei Konformitätsstufen A, AA und AAA eingestuft.
  5. Die geltenden Gesetze legen fest, dass barrierefreie Websites die WCAG 2.2. auf dem Level Level AA erfüllen müssen.