Digitale Barrierefreiheit für Websites und mobile Anwendungen der österreichischen Verwaltung

Gebäude der Europäischen Kommission mit EU Flaggen

Worauf Öffentliche Einrichtungen bei Websites und mobilen Anwendungen wie Apps im Bezug auf die digitale Barrierefreiheit achten müssen und wie die Barrierefreiheit überprüft und dokumentiert werden kann.

Europa ermöglicht Zugang zu Webseiten, Dokumenten und Software für alle!

Die Europäische Richtlinie 2016/2102, an Mitgliedstaaten der Europäischen Union gerichtet, hat das Ziel, die Anforderungen der Barrierefreiheit an Webseiten, Dokumenten und Software wie mobile Apps europaweit zur Vereinheitlichung zu bringen.

Die Richtlinie und die nationalen Umsetzungen verfolgen das Ziel, Inhalte von öffentlichen Stellen auch für Menschen mit Beeinträchtigungen vollumfänglich nutzbar zu machen. Dies beinhaltet nicht nur die Nachbildung von Informationen, sondern auch die Ergänzung von Informationen, die in Bildern, Tabellen, Texten etc. verwendet werden.

Die USA hat mit dem Section 508 bereits seit 1998 Vorgaben bezüglich der Zugänglichkeit von Websites von Bundesbehörden. Die Regeln wurden sogar in die Beschaffungsvorgaben aufgenommen und müssen von allen Firmen erfüllt werden, die an die Regierung Waren oder Dienstleistungen verkaufen.

In Österreich wurde die Richtlinie auf Bundesebene im Web-Zugänglichkeits-Gesetz und auf Länderebene in entsprechenden Landesgesetzen umgesetzt. Wir haben eine Übersicht über die Bestimmungen in Österreich erstellt.

Wer überprüft die Einhaltung der Vorgaben?

In Österreich hat die FFG den Auftrag die Websites von Bundes und einiger Länder. Die FFG geht hier stichprobenartig vor. Es werden eine vorgegeben Anzahl von einfachen und umfangreichen Überprüfungen durchgeführt. Die Ergebnisse muss Österreich an die Europäische Kommission übermitteln.

Welche Anbieter von Websites und mobilen Anwendungen sind von der Regelung betroffen?

Auf Bundesebene sind alle Websites und mobilen Anwendungen des Bundes, wie etwa die Webauftritte der Ministerien betroffen.

Weiters alle Angebote von Einrichtungen die Aufgaben des Allgemeininteresses wahrnehmen, zumindest teilrechtsfähig sind und überwiegend vom Bund oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch diese unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Bund oder anderen öffentlichen Einrichtungen ernannt worden sind,

Darunter fallen alle ausgelagerte Verwaltungseinrichtungen wie Ämter genauso wie die Gerichte oder Infrastrukturunternehmen wie die ASFINAG. Explizit im Gesetz ausgenommen ist der öffentliche Rundfunk sowie die Websites und Anwendungen von Schulen, Kindergärten und Kinderkrippen, wenn die Inhalte nicht wesentlich für die Online-Verwaltung sind.

Darstellung von Web und Handy Anwendungen

Welche Webangebote unter die Vorschriften fallen

Unter die Regelung fallen alle Arten von Websites und mobile Anwendungen die von den betroffenen Organisationen veröffentlicht werden. Websites sind Informations oder Interaktionsangebote, die für die allgemeine Öffentlichkeit verfügbar sind. Mobile Anwendungen (Apps) sind Anwendungssoftware zur Nutzung auf mobilen Geräten wie Smartphones oder Tablets konzipiert und entwickelt wurde.

Für welche Inhalte und Angebote es Ausnahmen und Übergangsfristen gibt

Es gibt für eine Arten von Angeboten Übergangsfristen, bis wann die Barrierefreiheit erfüllt sein muss. Für andere Arten gelten Ausnahmen.

Übersicht über Ausnahmen und Übergangsfristen
AusnahmeFristBeschreibung
Video- und Audiomedien veröffentlicht23.9 2020Podcasts, Videoaufzeichnungen die älter als 23. September 2020 sind müssen nicht barrierefrei sein. Aufzeichnungen die nach dem Datum erstellt oder veröffentlicht wurden fallen unter die Regel.
Live Video- und Audio ÜbertragungenAusgenommen sind live übertragene zeitbasierte Medien. Da technisch und organisatorisch die barrierefreie Gestaltung von Live-Übertragungen nicht zumutbar ist, sind diese von der Regelung ausgenommen
Online-Karten und KartendiensteOnline-Karten und Kartendienste, sofern bei Karten für Navigationszwecke wesentliche Informationen in einer barrierefrei zugänglichen Weise digital bereitgestellt werden
Inhalte von Dritten, wenn kein Einfluss auf diese bestehtInhalte von Dritten, die vom jeweiligen Rechtsträger weder finanziert noch entwickelt werden und die auch nicht dessen Kontrolle unterliegen
KulturerbeReproduktionen von Stücken aus Kulturerbe Sammlungen, wenn sie aufgrund der Unvereinbarkeit der Barrierefreiheitsanforderungen mit der Erhaltung des betreffenden Gegenstandes oder der Authentizität der Reproduktion oder nicht vollständig barrierefrei zugänglich gemacht werden können.
Intranet und Extranet23.9.2019Inhalte, die nur für eine geschlossene Gruppe von Personen und nicht für die allgemeine Öffentlichkeit verfügbar sind (Extranets und Intranets) und die vor dem 23. September 2019 veröffentlicht wurden, bis diese Websites grundlegend überarbeitet werden.
Angebote von Schulen und KinderbetreuungseinrichtungenWebsites und mobile Anwendungen von Schulen, Kindergärten oder Kinderkrippen, mit Ausnahme der Inhalte, die sich auf wesentliche Online-Verwaltungsfunktionen beziehen.
Nicht benötigte Inhalte und Archive23.9.2019Inhalte, die als Archive gelten und somit ausschließlich Inhalte enthalten, die weder für laufende Verwaltungsverfahren benötigt werden noch nach dem 23. September 2019 aktualisiert oder überarbeitet wurden.
Unverhältnismäßigen BelastungInhalte, bei denen die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen zu einer unverhältnismäßigen Belastung des jeweiligen Rechtsträgers führen würde. Bei der Prüfung der Unverhältnismäßigkeit der Belastung sind insbesondere die Größe, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Art des Rechtsträgers, die geschätzten Kosten und Vorteile für den jeweiligen Rechtsträger im Verhältnis zu den geschätzten Vorteilen für Menschen mit Behinderungen sowie die Nutzungshäufigkeit und die Nutzungsdauer der betreffenden Website oder mobilen Anwendung zu berücksichtigen.

Unsere empfohlene Vorgehensweise für Anbieter von betroffenen Websites und mobilen Anwendungen

Die Einhaltung der Anforderungen an die Barrierefreiheit erfordert es, die Überprüfung und Verbesserung der Angebote in die Redaktions- und Entwicklungsprozesse zu implementieren. Wir haben die Schritte hier zusammengefasst:

Darstellung zu den 4 Schritten zur Barrierefreiheit

Schritt 1: Dokumentation

Um die Erklärung zur Barrierefreiheit erstellen zu können muss im ersten Schritt die aktuelle Situation analysiert und dokumentiert werden. Bei größeren Organisationen ist vielleicht gar nicht zentral bekannt, welche Angebote vorhanden sind und unter die Regelung fallen.

Darstellung zu den 4 Schritten zur Barrierefreiheit

Schritt 2: Ausnahmen bestimmen

Grundsätzlich betrifft die Regelung alle Angebote, es kann aber Ausnahmen für bestimmte Arten von Inhalten geben. Weiters können alte Inhalte, die nur mehr als Archiv dienen herausfallen. Oben haben wir die Ausnahmen beschrieben.

Darstellung zu den 4 Schritten zur Barrierefreiheit

Schritt 3: Barrierefreiheit ermitteln

Für jede Website und jede mobile Anwendung muss jetzt eine Analyse der Barrierefreiheit erfolgen.

Wenn in der Organisation ausreichend Expertise besteht kann eine Selbstbewertung auf Basis der WCAG 2.1 durchgeführt werden. Oft ist das aber nicht der Fall, dann kommt eine Beurteilung durch einen Dritten erfolgen.

Eine Kombination (Selbstbewertung und Audit) ist auch möglich.

Die Bewertung durch Dritte sollt ein Form eines Audits durch zertifizierte Experten (z.B. Zertifizierung Certified WebAccessibility) erfolgen.

Darstellung zu den 4 Schritten zur Barrierefreiheit

Schritt 4: Erklärung zur Barrierefreiheit

Nach der erfolgten Analyse können die Ergebnisse in Form einer Erklärung auf der Website oder in der mobilen Anwendung veröffentlicht werden.

Neben der gewählten Methode und dem Zeitpunkt der Überprüfung enthält die Erklärung auch alle gefundene Mängel und einen Zeitplan für die Behebung der Mängel.

Darstellung von Prozessen

Schritt 5: Barrierefreiheit im laufenden Prozess

Die gesetzlichen Bestimmungen sehen vor, daß zumindest jährlich die Einhaltung der Barrierefreiheit zu überprüfen ist. Da sich Webangebote und Apps laufenden technisch und inhaltlich Verändern ist eine regelmäßige Kontrolle wichtig. 

Es zahlt sich aus, Redakteure und externe Lieferanten von Inhalten zu schulen und über Feedbackschleifen die Qualität zu kontrollieren.

Auch bei der technischen Neu- oder Weiterentwicklung ist es wichtig von Beginn an die Barrierefreiheit als must-have Anforderung zu verankern.

Wir bieten Beratung und Unterstützung

Wir unterstützen sie gerne bei den notwendigen Schritten um ihre Organisation oder ihr Unternehmen fit für die Anforderungen im Bereich Digitale Barrierefreiheit zu machen. Damit unterstützen wir sie nicht nur dabei, die gesetzlichen Vorgaben einhalten zu können, sondern auch dabei, ihre Angebote zu verbessern und einer größeren Gruppe zugänglich zu machen. 

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